Interview mit Christian Otto Kelm von Amalyze AG
Produkte müssen sichtbar sein
Heute im Vitamin A Podcast: Christian Otto Kelm. Wahrscheinlich hat kaum einer Amazon so durchgespielt, wie er. In Episode 21 sprechen Florian und Mareike mit dem Amazon-Spezialisten über seine vielen Blickwinkel auf Amazon, über SEO und seinen auf vier Auto-Kampagnen basierenden Amazon Advertising Ansatz. Dieser könnte durch das neu verfügbare Negative Product Targeting für Auto-Kampagnen frischen Aufwind erhalten.
Amazon PPC und Amazon SEO - wieso du beides brauchst
Ist Werbung auf dem Marktplatz überschätzt? “Wer Werbung auf Amazon schalten muss, um sein Produkt zu verkaufen, hat schon alles falsch gemacht”, so der Amazon Experte.
Heißt das jetzt, dass du kein Amazon Advertising schalten sollst? Nein, das heißt es nicht. Otto betont, dass Amazon SEO und Amazon PPC aufeinander aufbauen im Gegensatz zu Google. “Ohne ein sinnvolles Produkt zum relevanten Keyword entsteht keine positive Werberelevanz”, so Otto. Ein Produkt ohne Suchvolumen wird auch mit Amazon Werbung nicht konvertieren. Das ist verschwendetes Geld. “Wenn du ausgespielt wirst, bist du relevant. Wenn der Kunde klickt und konvertiert, seid ihr sogar sehr relevant. Tut er das nicht, liegt das nicht am Bid”, so Otto. Vor jedem Start mit Amazon PPC steht demnach die Optimierung der Produktdetailseite.
Das Werbeversprechen muss auf der Produktdetailseite eingelöst werden, die erwarteten Infos aufgreifen, optimierte Produktfotos (aussagekräftig, hohe Qualität, Lieferumfang, wichtige Spezifikationen) bereitstellen um den Klick in eine Conversion umzuwandeln. Das Produkt muss natürlich auch lieferfähig sein und über die höchstmögliche Verfügbarkeit über einen langen Zeitraum verfügen.
Wie sieht ein perfekter Prozess für Amazon Werbung aus? Amazon PPC Setup nach Kelm
#1 Starte mit vier Auto-Kampagnen
Otto startet mit vier Auto-Kampagnen. In jeder Auto-Kampagne befinden sich die Produkte in jeweils in einem der vier Match Types (Keywordoptionen). Otto begründet das rein mathematisch: "Wenn du zwei Artikel in der Kampagne mit vier Match Types hast, weißt du nicht, welches Produkt die Ursache für das Ergebnis war. Aber wenn du alle Produkte einspeist und nur den Match Type Ergänzung einstellst, dann weißt du, dass diese Performance-Ergebnisse von all diesen Produkten mit dem Match Type Ergänzung erzielt wurden und wenn dort ein Produkt eine schlechte Performance aufweist, ist das automatisch kausal und korrelativ zuzuordnen und du kannst eine Änderung vornehmen”, so Otto.
#2 Die Kunst des krummen Bietens
Die Kunst des krummen Bietens hat Kelm für Vendoren entwickelt. Amazon schlägt automatisch gerade Klickpreise vor. Sobald der vorgeschlagene, gerade Amazon Gebotspreis auf einen krummen Betrag erhöht wurde, "gingen die Ads durch die Decke", hat Otto festgestellt. Grundsätzlich bist du “mit einem krummen Gebot immer besser dran”, so Otto.
Du rechnest normalerweise Marge x Konvertierungsrate plus eine Aufschlag. “Je niedriger das anvisierte Gebot ist, was du eingibst, desto weniger muss dieser Aufschlag sein. Damit du auf den angestrebten Klickpreis kommst."
#3 Performance-Überprüfung
Nach zwei bis vier Wochen Kampagnenlaufzeit erhältst du ausreichend Daten, um die Performance der Kampagnen zu beurteilen. Otto macht die Performance-Überprüfung im User-Interface von Amazon. Er schaut sich die Artikel an, die Werbeausgaben, aber keine Bestellung ausgelöst haben. Für den normalen Nutzer ist die Bewertung "Werbekosten zu keine Bestellungen" ausreichend. Der Performance-Check kann natürlich, so Otto, auch wesentlich umfangreicher sein und Klickraten und Klickpreisen etc. mit einbeziehen. Das hängt von Faktoren wie Zielen und Zeit ab.
#4 Biet-Korridore
Wenn das Produkt Werbekosten und keine Bestellungen auslöst, entfernt Otto das Produkt aus der jeweiligen Auto-Kampagne und zieht das Produkt in eine neue Auto-Kampagne mit einem anderen Match Type. "Wenn die Performance-Werte niedrig sind, gehe ich in einen anderen Biet-Korridor". Denn jeder Match Type unterliegt einem anderen Biet-Korridor. Nach Ottos Auffassung hat nicht das Produkt versagt, sondern das Produkt hat unter den gegebenen Bedingungen nicht performt.
Ist die Klickrate des Produktes suboptimal, kann das Produkt auch bei einer Änderung des Bids die Klickrate nicht mehr retten. Daher gruppiert er dieses Keyword mit einem anderen Keyword Match Type und startet bei Null in einem anderen Biet-Korridor. Wenn die Performance-Daten des Produktes schlecht sind (Verhältnis Werbekosten zu Bestellungen), zieht er das Produkt in einen niedrigeren Biet-Korridor, z.B. von 0,67€ auf 0,47€. Der niedrigere Preis im neuen Biet-Korridor ergibt sich aus dem durchschnittlichen Klickpreis – dann weiß er, dass er den CPC niedriger ansetzen muss.
Otto erklärt weiter, dass Amazon, wenn zwei Produkte im selben Kampagnen Setup mit einem unterschiedlichen Klickpreis sind, Amazon die Kampagne mit dem höheren Klickpreis ausliefern wird.
Das Ergebnis ist, dass das Produkt in zwei Ad-Slots zu unterschiedlichen Zeiten ausgespielt wird. Sie erzeugen Relevanz zu unterschiedlichen Preisen und Wettbewerben, denn jeder Werbeslot ist einer eigenen Auktion auf Amazon unterlegen.
Negatives Produkt-Targeting
Otto betont die Wichtigkeit zwischen echten negativen Produkten und Keywords und negativ-performenden Produkten und Keywords zu unterscheiden. "Immer wenn ich Ring eingebe im Damenschmuckbereich, kommt die Ring Video Doorbell." Das ist dann ein echtes negatives Keyword – ein Mismatch – weil es mit dem eigentlichen gesuchten Produkt nichts mehr zu tun hat.
Wenn das Produkt eine schlechte Performance hat, dann wird es häufig negativ gesetzt. Wichtig ist, das Produkt zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzubuchen, weil jeder Kategorie mehrere kategoriespezifische Keywords zugrunde liegen – dem Keyword-Set. Die Keywords sind repräsentativ ausgewählt und beinhalten Marken, Keywords mit hohem, mittleren und niedrigen Suchvolumen. Keywords bestehen aus einzelnen Wörtern wie auch Mehrwort-Kombinationen. Diese Keywords aus dem Keyword-Set werden mit einer deutlich höheren Frequenz abgefragt und die Veränderungen zwischen zwei Abfragen verglichen. Aus diesen Veränderungen werden die Unterschiede und damit die sog. Volatilität berechnet. Deswegen ist es wichtig, das Produkt wieder einzubuchen, da es zu einem anderem Zeitpunkt relevant sein kann.